Auf Bazillus‘ Schwingen

Das Leben nach dem Ruhm muss nicht zwangsläufig in der Bedeutungslosigkeit versinken. Eine gute Portion Humor eröffnet ungeahnte Möglichkeiten.

  17.01.2019 | 5 Minuten  

»Wie nennen die einen Big Mac?« »Ein Big Mac ist ein Big Mac. Aber die nennen ihn ›Le Big Maque‹«. Eine Legende stirbt. Nach einem halben Jahrhundert darf sich das Flaggschiff des weltweit wohl berühmtesten Burger-Bruzzlers nicht mehr, wie bisher, allein und exklusiv mit der klangvollen Bezeichnung schmücken, die einst sogar Kultregisseure aus Hollywood zu heute ebenfalls legendären Filmszenen inspirierte. Ob nun gerechtes Gottesurteil als Strafe für das Mobbing gegenüber Konkurrenten oder auch überzogen kleinkarierte Fehleinschätzung blasser Beamter, die sich nicht einmal durch den Bic-Mac-Index von der gleichsam historischen wie globalen Relevanz der strittigen Marke überzeugen ließen — der Herausgeber wird, bis alle Instanzen durchfochten sind, mit dem Entscheid zunächst leben müssen.

Zeit für Ehrlicheit

Um das runde Jubiläum seiner Burger-Ikone gebührend zu würdigen, wagte McDonald’s vor knapp einem Jahr selbst einen höchst kreativen Perspektivwechsel und inszenierte sein prominentestes Produkt in der bildlichen Anmutung eines Parfums. Vielleicht können die Granden der Szene ihren Geniestreich noch einmal wiederholen und der gebeutelten Gaumenfreude einen zweiten Frühling bescheren. Allerdings nicht noch einmal als vermeintlicher intergenerationaler Glücklichmacher. Denn die Epoche des lügengleichen Pathos ist passé. Als Antwort auf die beiden Seuchen Fake-News und Goodwashing funktioniert allein purer Realismus. Das doppelt belegte Weißmehlbrötchen könnte stattdessen die Gunst der Ernüchterungs-Stunde nutzen und sich zum brutalstmöglichen Aufklärer emporschwingen. Unlängst fand die Diabetes-Forschung heraus, dass das menschliche Immunsystem die Burger in dieselbe Reihe der Bedrohungen stellt wie bösartige Bakterien. Die Abwehrkräfte hielten durch den häufigen Verzehr von Fast Food das Niveau ihrer Entzündungsreaktionen so aggressiv hoch, dass sich daraus sehr schnell Arteriosklerose und Typ-2-Diabetes entwickeln könne.

Es nähme sich sicherlich übertrieben aus, allein McDonald’s und seinen windigen Konkurrenten die Verantwortung für die hierzulande epidemisch verbreitete Fettleibigkeit zuzuschieben. Dennoch — die Burger-Bande verdient Reichtümer am laufenden Band damit, dass unreflektierte Menschen sich mit ihren schädlichen Erzeugnissen vollstopfen, die nur ein Ziel haben: noch mehr Hunger auszulösen. Die Fast-Food-Paten dieser Welt könnten zumindest einen kleinen Teil ihrer Schuld an der Gemeinschaft begleichen und sich an die Spitze einer Bewegung der Ehrlichkeit setzen. Frischer Wind statt rauchigem Bouletten-Odeur. Der Befund aus der Wissenschaft weist den Weg: Weil Burger genauso viel Schaden anrichten wie Bazillen-Infektionen (englisch: bacillus), könnte die Kette mit dem goldenen M ihren Vorzeige-Fraß doch ganz einfach ›Big Bac‹ nennen. Das wäre mal angemessen clownesk, weil wirklich intelligent und nicht nur zum zynischen Dummenfang.