Dass die Klimaschutz-Kommission für den Verkehrsbereich auf keinen grünen Zweig kam, darf niemanden verwundern. Denn wenn wir alle uns ehrlich machen wollten, müssten wir zugeben: Wir diskutieren die Materie keineswegs zielgerichtet und dabei neutral, sondern jeder nach seinen eigenen Interessen.
Dazu ein Gedankenexperiment: Wenn zwei Personen gemeinsam eine Strecke von zweihundert Kilometern zurücklegen, haben sie eine Verkehrsleistung von vierhundert Personenkilometern erbracht. Wenn nun zehn Personen jeweils fünf Kilometer zurücklegen, haben sie nur eine Verkehrsleistung von fünfzig Personenkilometern erbracht, gerade mal ein Achtel gegenüber dem ersten Fall. Aber: Im ersten Fall waren zwei Personen mobil, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen, im zweiten Fall waren zehn Personen unterwegs, um dasselbe zu tun. Mehr Mobilität, weniger Verkehrsaufwand. Und weniger Klimaschäden. So einfach ist das.
Oder auch nicht. Denn Verkehrspolitik zielt hierzulande offenbar nicht darauf ab, möglichst viele Menschen möglichst mobil zu machen. Das würde in der Konsequenz nämlich erfordern, Ziele wieder näher zusammenzurücken. Sondern sie trachtet stattdessen danach, wenigen Akteuren möglichst große Geschäfte mit dem Unterwegssein zu bescheren — also die Ziele am besten noch weiter auseinanderzurücken, damit noch mehr Fortbewegung entsteht. Verkehrspolitik versteht sich hierzulande als Produktionspolitik. Deshalb zählt das Wachstum des Aufwands, gemessen in Personenkilometern, mehr als die Zweckerfüllung. Der Verkehr bildet damit übrigens den einzigen Sachbereich, der sich selbst immer wieder für anhaltende und sogar wachsende Ineffizienz belohnt.
Wer mit gezinkten Karten spielt, braucht von den Mitspielern keine Aufrichtigkeit zu erwarten. Solange wir nicht Mobilität und Verkehr sauber auseinanderhalten, knüpfen wir den gordischen Knoten eher noch fester, als dass wir ihn lösen. Die Klimaschäden des Verkehrs werden wir nur mindern, wenn das Interesse, mit Verkehr Geld zu verdienen, nicht weiterhin alle Eindämmungsversuche konterkariert — und dabei sogar noch gefördert wird. Für die klimaverträgliche Mobilität von morgen braucht es deshalb gar nicht so sehr Innovationen und Konzepte, sondern eine knallharte Entscheidung: Geld oder Leben?
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