Neue Eselei

Lastenfahrräder sollen die Verkehrswende voranbringen. Doch auch abseits der von Neid motivierten Kritik, es handele sich lediglich um eine Hipster-Mode, glänzen sie mit einem gewichtigen Nachteil: Sie sind ganz einfach sehr unpraktisch.

  14.06.2018 | 4 Minuten  

Kein normaler Verbraucher kauft je Shopping-Trip eine Gütermenge mit dem Gewicht von 250 Kilogramm zusammen. Denn die durchschnittliche Menge liegt zwischen acht und zehn Artikeln je Einkauf. Gerade Radelnde gehen häufiger einkaufen, erwerben dafür aber pro Trip weniger Waren. Auch einen Umzug mit dem Fahrrad würde sich wohl nur der schlimmste Nerd einfallen lassen. Umgekehrt muss zu viel Geld oder großen Durst haben, wer sich für mehre Tausend Euro ein Lastenfahrrad zulegt, einzig um damit Getränkekästen für den Haushalt zu transportieren.

Gemietet, nicht gekauft

Kann es also zutreffen, dass hinter Cargobikes augenblicklich kaum hehre Motive stehen, sondern stattdessen das Profitinteresse der Hersteller und Händler, die unter moralinen Besserverdienern erfolgreich einen neuen Trend platzieren konnten? Gleichwohl einen selbstsüchtigen. Denn Fahrräder mit Lastenfläche benötigen selbstverständlich mehr Platz — gerade im Zusammenhang mit immer volleren Straßen durch Falschparkende und Elektro-Tretroller etc., aber auch dem immer noch eklatanten Mangel an sicheren Abstellmöglichkeiten nahe der Wohnung keine Kleinigkeit. In vielen Fällen verfügen sie außerdem über einen elektrischen Hilfsantrieb, brauchen also Strom. Was am klassischen Drahtesel jeder selbst reparieren kann, erzeugt beim Lastenfahrrad pro Jahr handfeste Wartungs- und Reparaturkosten. Alles zusammengenommen, drängt sich ein Vergleich auf: Das Lastenfahrrad ist das Automobil unter den Fahrrädern. Ein smarter Fahrradanhänger bietet einen ähnlichen Nutzen bei geringerem Platzverbrauch und geringeren Kosten. Da ergibt es noch eher Sinn, dass Cargobikes von Super- und Getränkemärkten zum Verleih zur Verfügung gestellt werden. Allerdings: Um das Ein- und Ausladen kommen Nutzer bei keiner der Varianten herum, beim Entleihen wirkt außerdem noch die Rückführung zum Ursprungsstandort als zusätzliche Komfortbremse.

Für Gewerbe sinnvoll

Seit ein EU-Projekt errechnet haben will, dass immerhin die Hälfte aller bislang motorisierten Gütertransportfahrten — sowohl gewerblich als auch privat — in Städten auch mit dem Fahrrad erledigt werden könne, sind Lastenfahrräder plötzlich auch für die Politik ein schickes Accessoire. Hier wie bei der privaten Nutzung gilt aber auf jeden Fall: Der Plan geht nur auf, wenn Radelnde nicht um ihr Leben fürchten müssen, sondern im Gegenteil sicher, störungsfrei und komfortabel unterwegs sein können. Umfassende Radverkehrsförderung ist auch für den umweltfreundlichen Güterverkehr ohne Alternative!